Meine Gründe für die Kandidatur
Als DBfK Kandidat stehe ich hinter den Werten und Normen, die der DBfK
vermittelt. Ich habe allerdings auch eigene Gründe und Anliegen.
Diese Gründe und Anliegen widersprechen sich nicht mit der Position vom DBfK. Sie sollen allen einen Einblick geben, warum ich mich
persönlich entschlossen
habe, zu kandidieren
- Ein "weiter so" ist nicht mehr tragbar
Die Pflegeberufe stehen für mich „vor der Wand“, in
ihren Ansprüchen, menschwürdige Pflege leisten zu können und „in der
Ecke“, wenn es darum geht, an Entscheidungen im Gesundheitswesen
teilzuhaben. Diese Bedingungen verursachen Stress und Frust.
Damit steht der Grundstein für die
Abwanderung aus der Pflege fest: für den inzwischen berühmt-berüchtigten
„Pflegeexit“. Es muss sich etwas ändern. Meiner Meinung nach kann diese
Veränderung von einer stabilen Pflegekammer NRW eingeleitet werden. Die
Gegner der Pflegekammer lade ich hiermit ein, mir zu schreiben, welche
Alternativen sie sich vorstellen. Ein „weiter so“ wird nämlich die
Pflege noch weiter schwächen, bis wir alle nur noch „auf dem Zahnfleisch
kriechen“. Wir brauchen also die Pflegekammer, die den Pflegeberufen
dabei hilft, den Berufsstolz (weiter) zu entwickeln.
- Pflege muss ihren Berufsstolz
(weiter)entwickeln
„Pflegen kann jede*r“ - dieser Satz verfolgt die
Pflege schon seit dem Ende der 90-er Jahre.
Es trivialisiert die
professionelle Pflege, ist jedoch entweder bewusst oder unbewusst in dem
Denken der Gesellschaft verankert. Leider scheinen auch viele
Pflegefachpersonen diesem Satz zu glauben. Dabei bedarf es für eine gute
Pflege vielfältiger kommunikativer, sozialer und
persönlicher Kompetenzen.
Diese Kompetenzen können erlernt und später in
Fortbildungen weiterentwickelt werden. Der Pflege muss erlaubt werden,
diese Kompetenzen selbstwirkend einzusetzen. So kann und wird sich
Berufsstolz entwickeln. Eine selbstbewusste Pflege entwickelt ein
Standesbewusstsein als Pflegeprofession. Solche Pflegeprofession kann
viel besser um den Nachwuchs werben, sich in den Krisen behaupten und
für eigene Belange eintreten. Dieses Selbstbewusstsein ist notwendig,
damit die Pflegeberufe den Platz in der Gesellschaft erhalten, den sie
verdienen.
- Ich möchte als Kandidat für die
Pflegekammer der Pflege zu ihrem Platz in der Gesellschaft verhelfen
Um die Pflegekrise zu verbessern sind (wenigstens)
zwei Komponenten nötig: angemessene Bezahlung und ein angemessener Platz
in der Gesellschaft. Die Pflegekammer kann beide Aspekte verbessern.
Durch die Lobbyarbeit bei den Politikern und anderen gesellschaftlichen
Gruppen kann sie mehr Wertschätzung für die professionelle Pflege
erreichen. Auf die Bezahlung hat sie nur indirekten Einfluss.
Tarifverträge werden allein von den Gewerkschaften ausgehandelt. Die
Pflegekammer wird aber auch mit den Gewerkschaften arbeiten, die
Einzigartigkeit des Berufsverständnisses der Pflege erklären und
insgesamt zu einer Politisierung der Pflege beitragen. Damit sollte es
viel einfacher sein für eine Gewerkschaft, die sich für die Belange der
Pflegeberufe einsetzt (und nicht aus Unwissen gegen sie), ihre Arbeit
für die angemessene Entlohnung der Pflegeberufe zu verrichten.
Durch die Verbesserung der Aspekte „angemessene
Bezahlung“ und „angemessener Platz in der Gesellschaft“ wird, so hoffe
ich, eine neue Wertschätzung der professionellen Pflege entstehen, die
nicht nur auf Corona oder andere Krisen begrenzt ist. Dazu möchte ich
beitragen.
- Ich bin mit verschiedenen Feldern der
Pflege vernetzt
Mein Spezialgebiet ist die Pflege von Menschen mit
Demenz. Durch meine ehrenamtliche Arbeit im Vorstand der deutschen
Alzheimer Gesellschaft für den Kreis Warendorf, im DBfK sowie durch mein
Studium der Pflegewissenschaften kenne ich Pflegepersonen, die in
verschiedenen Settings und bei verschiedenen Arbeitgebern die Pflege
verrichten. Das ermöglicht mir den berühmten „Blick über den Tellerrand“
- Ich arbeite noch an der "Basis" und
habe keine Leitungsposition
Ich arbeite teilweise auf einer internistischen
Station, inclusive Nachtschichten und Wochenenddienst. Zusätzlich bin ich
ein „Kümmerer“ in dem wissenschaftlichen Projekt „KompassD2“, einem
Projekt zu Delirprävention. Die einzige „Leitungsposition“, die ich
besitze, ist die Leitung der Demenz AG im Josephs-Hospital, die ich vor
über zehn Jahren in Absprache mit der Pflegedirektion gegründet habe.
Damit bin ich in der Hierarchie auf der gleichen Höhe wie jede andere
Pflegeperson. Aus diesem Grund kann ich darauf hoffen, dass ich von
allen Angestellten ein ehrliches Feedback zur Arbeit der Kammer
erhalten werde.
- Ich habe schon Höhen und Tiefen in
dem Beruf erlebt und ich bin noch immer da
Die absolute Tiefe habe ich 2015 erlebt. Ich bin komplett in die Nachtschichten gegangen. Eine Entscheidung, deren Konsequenzen mir nicht bewusst waren. Mein soziales Netzwerk brach zusammen und ich hatte nicht die Kraft, meine Bedürfnisse zu kommunizieren. Ich lebte in der ständigen und unbegründeten Angst, meine Arbeit nicht bewältigen zu können. Letztendlich habe ich selbstverschuldet einen Burn-Out erlitten. Es hat lange gedauert, bis ich mich davon erholt habe. Ich habe allerdings viel daraus gelernt. Ich habe meine sozialen Netzwerke gestärkt, mir ein Klavier zugelegt und mich in einen Boule-Club eingeschrieben. Ich habe auch gelernt, auf mich selbst im Sinne von Resilienz zu achten. Danach ging es wieder aufwärts. Hier möchte ich mich bei meinen Kolleg*innen von der Station 3C bedanken, die mir dabei geholfen haben.
Zu den Höhen zähle ich vor allem meine 2-jährige
Weiterbildung zum Demenzcoach, die mir von der Pflegedirektion
ermöglicht wurde. Dafür werde ich dem Josephs-Hospital Warendorf und
der Pflegedirektorin Sigrid Krause ewig dankbar sein. Ein weiterer
Höhepunkt ist für mich der Zusammenhalt der Pflegeexperten in unserem
Krankenhaus. Letztendlich muss ich unbedingt mein Studium der
Pflegewissenschaften an der Hamburger Fernhochschule erwähnen. Das
Studium hat mir neue Möglichkeiten eröffnet und letztendlich zu dieser
Kandidatur geführt. Das Studienzentrum Essen mit Herrn Recken, Herrn
Schmidt und anderen Mitarbeitern hat mir sehr gut durch das Studium
geholfen und mir auch Beispiele für gelungene Karrieren in der
Pflegewissenschaft geliefert.
- Ich möchte die Interessen meiner
Kolleg*innen in meinem Krankenhaus und von allen anderen mir bekannten
Pflegefachpersonen vertreten
Die Kammer sollte für die Pflegefachpersonen sein
und nicht umgekehrt. Deswegen sind mir die Interessen und Anliegen der
Personen, die ich kenne, sehr wichtig. Es bringt nichts etwas für den
„Pflegeberuf“ zu bestimmen, wenn die einzelnen Pflegepersonen damit
nichts anfangen können.
- Zu guter letzt: Ich bin ein Single mit
einer Glückskatze
Kompetenzen und Möglichkeiten für die
Pflegekammer:
- Berufsbild und Pflegeethik
Ethik bedeutet sehr stark vereinfacht, die
Reflektion und die Empfehlung, was das Gute und das Wertvolle ist. Es
ist an der Zeit, dass die Pflegeberufe selbst entscheiden, was eine gute
und wertvolle Pflege ausmacht. Dazu bedarf es einer verbindlichen
Pflegeethik und einer darauf basierenden Berufsordnung (wie sie z.B. in
der Medizin normal ist)
Durch mein (nicht vollendetes) Studium der
Mathematik/Informatik bin ich der Logik und in der
Argumentationstheorie bewandert. Durch mein Studium der
Pflegewissenschaft kenne ich mich in dem Bereich Pflegeethik aus. Einer
meiner Hobbies ist die Philosophie als die Kunst ein erfülltes Leben zu
führen.
- Pflege von Menschen mit kognitiven
Einschränkungen (Demenz)
Der personenzentrierte Ansatz wird erfolgreich in
vielen Seniorenheimen und ambulanten Diensten umgesetzt. Es gibt jedoch
vor allem in dem Akutbereich ein großes Verbesserungs- und
Vernetzungspotential. Die Anzahl der Menschen mit Demenz wird steigen.
In Verbindung mit der Pflegekrise kann es viele Arbeitgeber, die nicht
schon jetzt Maßnahmen ergreifen, vor unlösbare Probleme stellen
Mit einer Kollegin, Frau Olga Harms, betreue ich in
meinem Krankenhaus den Bereich Pflege von Menschen mit Demenz und Delir.
Ich bin mit vielen Experten aus
verschiedenen Settings vernetzt und ehrenamtlich seit mehreren Jahren
bei der Deutschen Alzheimer Gesellschaft tätig.
- Digitalisierung/Telematik/neue
Technologien
Nach der Abitur habe ich nicht erfolgreich
Mathematik/Informatik studiert (Ich habe mir das Geld dabei als Aushilfe im
Franziskus Krankenhaus Ahlen verdient). Geblieben sind die Technikbegeisterung
und die Skills. Meine Kolleg*innen sind öfter für meine guten
Computerkenntnisse dankbar. Ich bin dafür, dass gute Software intuitiv
und ganzheitlich sein muss und die Pflege erleichtern soll. Leider
werden die Pflegeberufe in die Entwicklung der Software noch immer zu
wenig involviert. Auch andere Technikprodukte für die Pflege würden von
der Expertise der Pflegefachkräfte profitieren.
- Bedeutung der Pflege in der
Bevölkerung und in der Politik
Die Pflege braucht einen angemessenen Platz in der
Gesellschaft und eine angemessene Wertschätzung ihrer Arbeit. Die
Gewerkschaften brauchen ein besseres Verständnis für das Berufsbild und
die professionelle Verortung der Pflege.
Die Kammermitglieder müssen entsprechen Lobbyarbeit leisten,
Absprachen halten und mit anderen Organisationen verhandeln können. Die
Pflegekammer muss auch mit anderen Institutionen und Professionen
(Verbänden, Gewerkschaften, NGOs) kooperieren können, ohne das eigen
Ziel aus dem Blick zu lassen.
Ich kenne theoretisch die Verhandlungsprinzipien
nach dem Harvard Konzept sowie in Extremsituationen. Ich habe gute
Kenntnisse in der Validation. Ich kenne mich einigermaßen mit der
Rhetorik aus. Praktische Erfahrung habe ich vor allem bei meiner
ehrenamtlichen Arbeit im Vorstand der Deutschen Alzheimer
Gesellschaft und bei Health for Future gesammelt. Es ist nicht viel, ich
denke aber, dass ich alles weitere beim Anwenden dazulernen kann.
- Eigene Bedürfnisse der Pflegeberufe
Schichtdienst, Nachtdienst und Wochenenddienst
geben nur wenig Platz für soziale Teilhabe. Auch das „Einspringen“ ist
nicht der Gesundheit dienlich. Der Pflegealltag kann Stress und Frust
verursachen.
Als eine Person, die selbst betroffen gewesen ist,
würde ich mich über eine Arbeitsgruppe freuen, die sich um die
körperliche und geistige Gesundheitsprävention kümmert. Ich wäre gerne
bereit, in solcher Arbeitsgruppe mitzuarbeiten.
- Zukunftswerkstatt (last but not
least)
Viele Entwicklungen in der Gegenwart können in der Zukunft zu Chancen oder zu Problemen werden. Aus der Gesundheitsprävention weiß man, dass es sogar möglich ist, ein zukünftiges Problem in der Gegenwart zu verhindern. Auf andere Entwicklungen sollte man sich schon jetzt vorbereiten, obwohl sie ihren vollen Ausmaß erst in 20 oder 30 Jahren erreichen. Die Bereiche, die in der Zukunft eine Chance bedeuten, könnten in der Gegenwart schon evaluiert und erschlossen werden.
Als einen Beispiel
für ein Problem, das schon jetzt gegenwärtig ist, seinen vollen Ausmaß
jedoch erst erreichen wird, möchte ich die
Pflege im Rahmen von Klimawandel nennen. Kliniken
und Seniorenheime brauchen Hitzeschutzpläne, um die Mitarbeiter und
Patienten zu schützen. Mitarbeiter in allen Bereichen (also auch im
ambulanten Dienst) müssen sich mit den Auswirkungen von Hitze auf sich
selbst und die pflegebedürftigen Personen auskennen. Die Arbeitgeber
sind gesetzlich verpflichtet Getränke für die Mitarbeiter bei Hitze
bereitzustellen. Das scheint nicht überall der Fall zu sein. Auch wenn
Getränke da sind, bedeutet es noch nicht, dass die Pflegefachkräfte die
Zeit haben, etwas zu trinken...
Die Beschäftigung mit Zukunftsthemen würde zeigen,
dass Pflegefachkräfte bereit sind gesellschaftliche Verantwortung zu
übernehmen.
(Man kann für die Probleme der Zukunft schon heute etwas unternehmen,
damit man eine solche Zukunft verhindern kann)